So geht SAP Housekeeping: Mehr Performance, weniger Kosten

Markus Schütz

Dieser Blogbeitrag richtet sich an alle, die täglich mit der Performance und Stabilität ihrer SAP-Systeme konfrontiert sind. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit gezielten Housekeeping-Maßnahmen potenzielle Gefahren frühzeitig erkennen, Fehler vermeiden und die Leistungsfähigkeit Ihrer Systeme nachhaltig optimieren – weit mehr als nur ein oberflächlicher Frühjahrsputz.

In der Praxis sehen wir oft, dass SAP-Business-Suite- und SAP-S/4HANA-Systeme zwar scheinbar reibungslos funktionieren, unter der Oberfläche jedoch unerkannte Probleme schlummern. Diese „tickenden Zeitbomben“ können sich früher oder später in Performance-Einbußen, Instabilitäten oder sogar Systemausfällen manifestieren, wenn keine präventiven Housekeeping-Maßnahmen ergriffen werden.

Die Aufarbeitung der oft komplexen SAP-Hinweise mit ihren zahlreichen Querverweisen und technischen Details ist sehr zeitaufwendig. Das Sammeln, Lesen, Verstehen und die anschließende korrekte Umsetzung der Empfehlungen erfordert tiefgehendes Fachwissen. Nur wer diese Hinweise und Empfehlungen wirklich versteht, kann sein System nachhaltig sicher betreiben, effizient warten und Fehlerquellen proaktiv minimieren.

SAP Housekeeping von Anfang an: Die Chance bei Migration und Konvertierung

Ein wesentlicher Aspekt des Housekeepings ist nicht nur die Bereinigung bestehender Daten, sondern auch die Vermeidung unnötiger Datenansammlungen von Beginn an.

Durch optimierte Prozesse und Konfigurationen lässt sich die Datenflut bereits im Entstehungsprozess eindämmen und so die Performance nachhaltig verbessern.

Gerade im Kontext von IT-Projekten wie SAP-Datenmigrationen, OS/DB-Migrationen oder SAP-S/4HANA-Konvertierungen erweist sich Housekeeping als entscheidender Erfolgsfaktor. Durch die Reduzierung des Datenvolumens sinkt der Hardwarebedarf, die Downtime während der Migration verkürzt sich signifikant und potenzielle Migrationsprobleme, beispielsweise aufgrund übergroßer Tabellen, werden vermieden.

SAP Housekeeping ist ein umfassender Ansatz zur Optimierung von SAP-Systemen, der über das Data Volume Management (DVM) hinausgeht. Neben der Bereinigung technischer Tabellen umfasst SAP Housekeeping auch die Optimierung von Workprozessen, die Anpassung von Parametern und die Bereinigung von Customizing-Einstellungen. Ziel ist es, die Gesamtleistung des SAP-Systems zu verbessern, die Datenqualität zu erhöhen, die Systemstabilität zu gewährleisten und die Kosten zu senken. DVM ist ein wichtiger Bestandteil von SAP Housekeeping und unterstützt bei der Identifizierung und Verwaltung großer Datenmengen.

Housekeeping und Datenarchivierung: Kein Widerspruch, sondern eine perfekte Ergänzung

SAP Housekeeping kann sowohl unabhängig von der Datenarchivierung als auch als deren wertvolle Ergänzung eingesetzt werden. Oftmals hören wir das Argument: „Ich darf wegen der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten keine Daten löschen, sonst droht Ärger beim nächsten SAP-Audit.“ Dieses Missverständnis führt dazu, dass wertvolles Optimierungspotenzial ungenutzt bleibt.

Selbstverständlich müssen die Aufbewahrungspflichten eingehalten werden. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, das System regelkonform zu bereinigen und von unnötigem Datenballast zu befreien. Zahlreiche SAP Notes liefern detaillierte Anleitungen, welche Daten unter Berücksichtigung der Compliance-Anforderungen gelöscht oder archiviert werden dürfen. Ein konkretes Beispiel ist der SAP-Hinweis 2388483, der das Datenmanagement für Hunderte von technischen Tabellen beschreibt und somit eine wertvolle Grundlage für gezielte Housekeeping-Maßnahmen bildet.

Anbei drei Beispiele:

  1. Die Tabelle DBTABLOG enthält oftmals viele Millionen unnötiger Einträge wie z.B. KONP. Diese dürfen laut einer SAP Note aus der DBTABLOG gelöscht und die Protokollierung der KONP ausgeschaltet werden, um erneute Protokolleinträge zu vermeiden. So wie die KONP gibt es noch viele weitere, von SAP bzgl. Protokollierung falsch ausgelieferte Tabellen.
  2. Der Application Log (SLG1 - Tabelle BALDAT) enthält beim Einsatz von SAP Fiori sehr viele unnötige Einträge, die gelöscht werden dürfen. Das Schreiben neuer Einträge kann man ebenfalls unterbinden.
  3. ARFC, TRFC, QRFC-Tabellen: Diese Tabellen sind zwar nicht extrem groß, werden aber sehr häufig gelesen und geändert. Diese sollten aus Performancegründen von alten Einträgen befreit werden.

Löschen oder Archivieren: Die richtige Strategie für Ihre Daten

Hierbei gilt folgende Grundregel: Anwendungsdaten dürfen nicht gelöscht, sondern müssen archiviert werden, solange die Aufbewahrungsfrist nicht abgelaufen ist. Daten aus technischen Tabellen sollten eher nicht archiviert, sondern deren Inhalte nach Objekten, nicht nach Datum, gezielt gelöscht werden. Sowohl nach dem Löschen als auch der Archivierung ist (je nach DB) eine Reorganisation der jeweiligen Tabellen zur Defragmentierung zur Optimierung der Performance unbedingt zu empfehlen. Dabei müssen die DB-spezifischen Eigenschaften beachtet werden. Die SAP-HANA-Datenbank reorganisiert z.B. alle Daten automatisch, aber nicht die LOB-Segmente. Diese müssen separat reorganisiert werden, was aber sehr einfach und schnell geht.

Ziele und Bereiche des SAP Housekeepings

SAP Housekeeping ist eine wertvolle Investition in die Zukunft Ihrer SAP-Systemlandschaft. Es dient nicht nur der kurzfristigen Bereinigung, sondern ist eine strategische Maßnahme zur nachhaltigen Optimierung von Performance, Stabilität und Sicherheit. Besonders geeignet ist Housekeeping als vorbereitende Maßnahme für folgende IT-Projekte:

  • SAP S/4HANA Conversion: Reduziert den Migrationsaufwand und minimiert die Downtime.
  • DB-Migration von anyDB nach SAP HANA: Verringert die Datenbankgröße und somit die Kosten für Hardware und Migration.
  • Unicode Conversion: Optimiert die Systemleistung und reduziert den Speicherbedarf.
  • Migration in eine Private Cloud: Senkt die Kosten für Cloud-Ressourcen und verbessert die Performance.
  • Schnittstellen / Interfaces: Optimierung der RFC Performance und Ermittlung unbenutzter SM59 Destinationen.

Die wichtigsten Housekeeping-Bereiche im Überblick:

Neben der Bereinigung großer Tabellen umfasst SAP Housekeeping eine Vielzahl weiterer wichtiger Bereiche:

  • Stark wachsende Basistabellen:
    • Identifizierung von Basistabellen mit kritischem Wachstum.
    • Berücksichtigung von Randbedingungen wie Customizing, Compliance-Anforderungen und Aufbewahrungspflichten.
  • Optimale Umsetzung der SAP-Empfehlungen durch gezielte Housekeeping-Jobs.
    • SAP-Benutzer und Berechtigungen.
    • Identifizierung besonders großer SAP-Rollen.
    • Deaktivierung von Benutzern, die sich seit längerer Zeit nicht mehr angemeldet haben (inaktive Benutzer).
  • SAP-Konfiguration:
    • Bereinigung obsoleter SAP-Parameter.
    • Detaillierte Analyse und Optimierung des SAP Memory Managements zur Vermeidung von Über- oder Unterlastung.
  • Datenbankkonfiguration (DB):
    • Bereinigung obsoleter DB-Parameter.
    • Durchführung von DB-Parameter- und Mini-Checks (insbesondere für SAP-HANA-Datenbanken).
    • Überprüfung und Optimierung der DB-Komprimierung.
  • Plattformen (Betriebssystem und Virtualisierung):
    • Überprüfung der Konfiguration von virtuellen Maschinen (VMware, Azure, AWS, LPAR).
    • Überprüfung der Betriebssystemkonfiguration (Swap Space, Benutzer, CPU, RAM).
  • Administration und Betrieb:
    • Überprüfung und Aktualisierung des SAP-Kernels (oft bei Updates vernachlässigt).
    • Bereinigung alter Dateien aufgrund geänderter Verzeichnisstrukturen.
    • Optimierung von Start-/Instanzprofilen.
    • Verwendung aktueller Start/Stop-Werkzeuge (sapcontrol, sapstartsrv).
    • Überprüfung der Versionen von SAP Diagnostic Agent und SAP Host Agent (saposcol).
    • Identifizierung und Erneuerung abgelaufener Zertifikate.

Die vielfältigen Vorteile von SAP Housekeeping

SAP Housekeeping bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die sich positiv auf Ihre IT-Infrastruktur und Ihren Geschäftsbetrieb auswirken:

  1. Deutliche Hardware-Einsparungen:

    • Geringerer Bedarf an Hardware-Ressourcen (RAM, Festplatten, CPU) für Ihre SAP-HANA-Datenbank oder SAP-S/4HANA-Systeme.
    • Dadurch resultieren signifikante Kosteneinsparungen bei der Anschaffung neuer Hardware oder den laufenden Kosten in Private-Cloud-Umgebungen.
  2. Minimierung von Downtimes:

    • Verkürzte Downtimes bei OS/DB-Migrationen (z.B. von anyDB nach SAP HANA) oder Unicode Conversions.
    • Signifikant reduzierte Downtime bei S/4HANA-Konvertierungen.
    • Kürzere Ausfallzeiten bei der Migration Ihrer SAP-Systeme in eine Private Cloud.
    • Deutlich verkürzte Zeiten für Backups und insbesondere für die Wiederherstellung (Restore/Recovery) im Falle eines Systemausfalls.
    • Reduzierung der Kosten, die durch Produktionsausfälle entstehen.
  3. Nachhaltige Performance-Optimierung:

    • Verbesserte Antwortzeiten in relevanten Bereichen durch kleinere Tabellen, weniger komplexe SQL-Abfragen und optimierte Systemparameter.
    • Zusätzliche Performance-Steigerung durch die Vermeidung unnötiger Datenansammlungen.
  4. Optimierung des täglichen IT-Betriebs:

    • Verbesserte Übersichtlichkeit und geringere Komplexität durch die Entfernung obsoleten Parameter, Dateien, Rollen usw.
    • Erleichterte Fehlersuche durch weniger Fehlermeldungen und eine übersichtlichere Systemlandschaft.
    • Beschleunigte Fehlerbehebung durch aufgeräumte Log- und Trace-Dateien.

Konkrete Erfolge: Housekeeping in der Praxis

Um die positiven Auswirkungen von SAP Housekeeping zu verdeutlichen, möchten wir Ihnen zwei konkrete Beispiele aus unserer Praxis vorstellen:

Beispiel 1: OS/DB-Migration von anyDB nach SAP HANA

Bei einer OS/DB-Migration von einem beliebigen Datenbanksystem (anyDB) auf SAP HANA zeigte sich folgender Effekt:

  • Die Datenbankgröße vor der Bereinigung betrug 2 TB.
  • Durch gezielte Housekeeping-Maßnahmen basierend auf relevanten SAP-Hinweisen konnten wir den Speicherbedarf von vier großen SAP-Basistabellen von ca. 700 GB auf 200 GB reduzieren.
  • Dadurch sank die Gesamtgröße der Datenbank vor der Migration auf 1,5 TB.
  • Da Hardware für vier neue SAP-HANA-Server (Entwicklung, Qualitätssicherung, Sandbox, Produktion) beschafft werden musste, resultierte dies in einer erheblichen Kostenersparnis: Statt 8 TB (4 Server x 2 TB) benötigten wir nur noch 6 TB (4 Server x 1,5 TB) an RAM und Festplattenspeicher. Besonders in Private-Cloud-Umgebungen, in denen RAM und schnelle Festplatten teuer sind, macht sich diese Reduzierung deutlich bemerkbar.
  • Zusätzlich konnte die Downtime während der Migration auf die SAP-HANA-Datenbank um ca. 4 Stunden verkürzt werden (von 16 auf 12 Stunden), was die Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb erheblich minimierte.

Beispiel 2: SAP-S/4HANA-Konvertierung

Auch bei einer SAP-S/4HANA-Konvertierung konnten wir durch Housekeeping signifikante Verbesserungen erzielen:

  • Die ursprüngliche Datenbankgröße betrug 2,1 TB.
  • Eine einzige große SAP-Basistabelle belegte ca. 720 GB zuzüglich eines Indexes von 130 GB. Durch die Anwendung von SAP-Hinweisen konnten wir diese Werte auf 250 GB bzw. 50 GB reduzieren.
  • Die geplante SUM/DMO-Migration war aufgrund der Größe dieser Tabelle und trotz aller Optimierungsversuche beim Datenbankexport zunächst nicht möglich.
  • Durch ein intensives Housekeeping über mehrere Wochen, bei dem Daten der Tabelle SOFFCONT1 in den SAP Content Server verlagert wurden (da ein direktes Löschen aufgrund von Compliance-Anforderungen nicht möglich war), konnten wir das Problem schließlich lösen.
  • Die Datenbankgröße vor der Migration betrug nach dem Housekeeping nur noch 1,55 TB.
  • Die Downtime während der SAP-S/4HANA-Konvertierung konnte so um ca. 5 Stunden reduziert werden (von 16 auf 11 Stunden).

Investieren Sie in die nachhaltige Gesundheit und Performance Ihres SAP-Systems

Die Vorteile von SAP Housekeeping sind überzeugend: geringere Kosten durch optimierte Ressourcen, verbesserte Performance für reibungslose Geschäftsprozesse, minimierte Downtimes für maximale Verfügbarkeit und ein insgesamt stabilerer und sicherer IT-Betrieb. SAP Housekeeping ist daher weit mehr als nur eine einmalige Aufräumaktion – es ist eine strategische Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens.

Wir betrachten SAP Housekeeping als einen kontinuierlichen Prozess der Optimierung und Weiterentwicklung. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihr System langfristig den steigenden Anforderungen gewachsen ist und optimal performt. Gerne begleiten wir Sie als erfahrener Partner auf diesem Weg. Mit unseren umfassenden Dienstleistungen im Bereich SAP Housekeeping unterstützen wir Sie dabei, das volle Potenzial Ihrer SAP-Systemlandschaft auszuschöpfen und Ihren Geschäftserfolg nachhaltig zu sichern.

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Geschrieben von Markus Schütz - Senior Lead Architect SAP

Markus Schütz, Dipl. Informatiker (FH), Senior Lead Architect, gehört zu den profunden Kennern von SAP-Basis-Technologie und SAP-Datenbanken im deutschsprachigen Raum. Mit fast 30 Jahren Projekterfahrung ist er ein gefragter Ratgeber für Projekte und strategische Planung rund um das Thema SAP-Technologie.